"Immer wieder beweisen sie mir, dass sie die Karlsbad in einen Rausch der Sinne, wenn ich nicht nur sehe, was ist, sondern auch, was sein könnte und was sich hinter dem Vorhang verbirgt. Wenn ich alles sehe, was wie durch Zauberei verborgen ist.
Es ist vielleicht das Wunder der Heilquellen, das selbst die moderne Wissenschaft in seiner Zerbrechlichkeit und dem Geheimnis der Elemente nicht angemessen erfassen und beschreiben kann.
Es ist vielleicht eine große Welt auf kleinem Raum, in der es von den Farben vieler Nationen und Rassen wimmelt. All die bezaubernden, einfachen und wunderbaren Menschen, die schillernden Modeerscheinungen, die in ihrer Welt verlorenen Träumer, die Frauen mit blauem Blut und die auf wundersame Weise verjüngten alten Männer, sie alle schlendern zwanglos und scheinbar sorglos durch die Gärten des Vergnügens inmitten der bewaldeten Berge zusammen.
Vielleicht ist es die sprichwörtliche deutsche Gastfreundschaft, die wie eine Grundfarbe durch dieses kaleidoskopische Bild leuchtet, die in den gemütlichen Häusern einladend lächelt, in den charmanten Stillleben zum Träumen verführt und die alten Menschen wie von Zauberhand wieder wie kleine (und doch große) Kinder aussehen lässt.
Vielleicht ist es diese besondere Landschaft, die die Natur durch ihre Intuition geschaffen hat und in der die Vorsehung die wundersame und heilende menschliche Behausung platziert hat. In einem engen Tal voller Hütten und Villen, Tempel und Türme, die nach dem Erklimmen steiler Hänge und Berge vor dem verschwitzten Blick erscheinen. Eine Stadt, die sich im Grün versteckt und immer wieder auftaucht wie ein Waldreich, das man nur aus Märchen kennt.
Ist es eines dieser Dinge oder etwas ganz anderes, das diesen tschechischen Kurort zu einem Juwel unter anderen Kurorten macht und ihm einen schillernden Charme verleiht?
Vielleicht ist es all das zusammen und noch etwas mehr: Es ist der ehrliche und lebendige Geist der Karlsbader Bürger, die die Pflichten eines stolzen Weltkurortes verstehen und nicht müde werden, diejenigen zu überraschen, die auf der Suche nach Gesundheit und Freude hierher kommen. Über die Menschen und die Städte lässt sich nichts anderes sagen, als dass sie immer stärker, gastfreundlicher, leistungsfähiger und einfallsreicher werden, ohne ihren natürlichen Charakter zu verlieren. Karlsbad und seine Einwohner haben dieses Lob voll und ganz verdient."
Neues Wiener Tagblatt, 6. Mai 1895.
Artikel "Das neugeschmückte Karlsbad" über die Eröffnung der Kaiserthermen von Alfred Klaar.